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Chicago Samstag d 9ten Juni 83

Mein liebster Mann!

Wo soll ich eigentlich zuerst von zu erzählen anfangen? Von den Kindern jedenfalls, die immer ganz vergnügt im Hofe auf den neuen Dielen umherspielen d. h. wenn es das abscheuliche Wetter erlaubt. Der große Tisch aus dem Stall, den wir immer zu Gesellschaften benutzen, ist festgemacht und steht auch draußen, so wie die neue Bank. Der Sandtisch und allerlei Spielzeug steht auch unten im Stall und kann jederzeit herausgeholt werden und es fehlt nur die Hauptsache - Sonnenschein und Wärme. Etwas sehr Unangenehmes ist auch der Theer der im vorigen Winter vom Dach geschaufelt ist und sich bei dem warmfeuchten Wetter überall ansetzt und wo sich die Kinder aufs Greulichste mit einschmutzen und werde ich wohl die andere Hälfte des Hofes mit Kies müssen bestreuen lassen, um dem Übel abzuhelfen. Im Hause habe ich allerhand Aerger und Verdruß, doch will ich Dir die Zeit damit nicht verstießen, und bis Du wiederkommst ist ja Alles vergessen. Am Mittwoch war ich mit den Kindern im Circus, Donnerstag im Kaffeekränzchen bei Mehles?, wo bei einer Champagnerbowle die Gesundheit der Braut getrunken wurde. Der Bräutigam von Frl. Mehle ist dem Bilde nach zu urtheilen ein sehr hübscher Mann und trägt Uhlanenuniform von seiner Einjährigenzeit her. Am Donnerstag abend ging ich mit Frau Bluthardt zu Frau Eberlein, die uns sehr schön vormusizirte. Gestern und Freitag war Frau Arnold hier und Herr Hake, der mich in die Ausstellung heute nehmen will. Ich möchte es dem jungen Mann nicht abschlagen, obgleich es mir sehr langweilig sein wird seinen langen Auseinandersetzungen zuzuhören, die er immer mit so leiser Stimme vorbringt, daß ich nur die Hälfte von Allem verstehe. Er möchte jedenfalls irgend etwas für mich thun, um sich für die vielen Male, die er bei uns war zu revanchiren. Morgen am Sonntag bin ich bei Eberleins zu Tisch geladen, wo Wolfsohn das letzte Mal vor seine Abreise nach Baireuth sein wird.