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Eben war ich in der Stadt und habe mir Geld geholt, wie ich nach Hause komme ist die Gasrechnung gekommen und eine von Heisdorf für das Kochbuch, von der Schneiderin für mein [s] ?tes Kleid und Frl. Decker muß auch noch heute bezahlt werden, denn ich habe das dafür bestimmt gewesene Geld mit so aufbrauchen müssen. Ach! es ist gar nicht schön Papa und Mama in einer Person sein zu müssen, wenn man immer gewohnt gewesen ist, die Führung des Haushaltes in so sicheren Händen zu wissen. Die Mädchen habe ich auch bezahlt doch bei einem Herrn hätte ich es vergessen, denn es ist mir noch so ungewohnt. Mittwoch d. 6. [Mai] Juni früh. Gestern abend ging ich mit den Kindern zu Sommers hinüber und blieb ein paar Stunden dort, um nicht zu Hause allein sein zu müssen. Otto Sommer läßt Dich vielmals grüßen und wird mal an Dich schreiben. Viele Leute haben mir schon gesagt, wie leid es ihnen thäte, nicht gewußt zu haben, wann und mit welchem Zug Du reisen würdest, da sie dann gern an den Bahnhof gekommen sein würden Dich noch zu sehen. Eben wie ich ganz abgehetzt als Packesel aus der Stadt zurückkomme finde ich Deinen Brief und den für die Kinder, den Du vom Dampfschiff aus geschrieben hast. Es freut mich, daß Herr Amberg bei Dir ist, so weiß ich doch eine Seele in Deiner Nähe die Dich kennt. Amüsire Dich nur recht, mein liebster bester Mann, denn Du müßt immer denken daß die Gelegenheit so bald nicht wieder kommt und was man von der Minute ausgeschlagen, bringt keine Ewigkeit zurück. Wenn Du diese Zeilen liest, dann liegt London und Amsterdam schon weit hinter Dir und Du siehst Dir die Villen in unserem langweiligen, ach! so lieben Dessau an. Sage meiner Mutter nur, daß ich Heimweh nach ihr habe, jetzt doppelt und dreifach, da ich Alles, was ich liebe, die Kinder ausgenommen in Deutschland habe. Lebe nun wohl, mein Liebster, denke nicht zu viel an uns, verkümmere Dir den Aufenthalt nicht durch unnützes Grübeln, sondern überlaß das lieber, Deinem Dich tausendmal küssenden, einsamen Weibe.