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Gen Scott - einen Mann von einigen 70 Jahren - der, in Civil, den Korb am Arm, seine Einkäufe macht. Die ärmeren u. ungebildeteren Deutschen hier in Amerika werden gerade deshalb nicht wenig verachtet, weil sie, wie in Deutschland, ihren Frauen harte Arbeit zumuthen. Im Hause selbst übrigens arbeiten auch die Amerikanerinnen so fleißig, wie irgend eine Deutsche. Auch meine Frauen (denn für Frau u. Schwiegermutter bin ich schlechtweg "der Mann") haben bis jetzt noch kein Bedürfniß nach einer Magd empfunden. Eine solche ist freilich hier ein theures Möbel; für eine gute ist der Lohn noch immer 5 - 6 Dollars monatlich. Sonst ist das Leben nicht unmenschlich theuer. - Fleisch kostet 4 1/2 - 5 Sgr. das Pfund, Weizenbrod 2 Sgr. das Pfund (Roggenbrod giebt es nicht), bairisch Bier 3 1/2 Sgr. das Maß pp. Vor 8 Tagen hatten wir eine Gans von 12 Pfund netto für 11/2 Doll., heute 1 paar Hühner von 10 Pfund netto für 1 1/4 Doll. Ich glaube, daß gegenwärtig in den großen Städten Deutschlands, etwa in Berlin, die Preise ungefähr ebenso hoch sind. In Zerbst mag es freilich billiger sein. Unsere Hausmiethe beträgt 250 Doll. im Jahre. - Steinkohlen zum Heizen u. Kochen brauchen wir in einem Jahre für 25 bis 30 Doll.
Es ist heute (Sonntag) seit [Nach] Mittag ein recht tüchtiges Sturmwetter hier. Von unserem Fenster aus haben wir eine Fernsicht bis nach dem fast 2 deutsche Meilen entfernten Staten - Eiland, und so weit wir heute blicken können ist Alles in ein weißes Lailicht gehüllt. Im Hause ist es warm u. behaglich; Mathilde spielt u. singt, die Großmutter wirthschaftet umher, Bertha näht sich ihre Hemdeneinsätze ein.... wie sieht es heute in Zerbst aus? Es kommen mir die Thränen ins Auge, wenn ich daran denke. Was macht mein armer kranker Bruder? Grüße und küsse ihn viele male für mich u. die Meinigen. Von ganzem Herzen wünschen wir ihm Alle die Wiederkehr seiner Gesundheit und Jugendkraft