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Mein liebes Töchterchen
Mein liebes Töchterchen
Dein ausführlicher Brief hat mich sehr erfreut; er hat unter der Pisackerei meiner zweiten Tochter ganz und gar nicht gelitten und beweist mir, daß Ihr Euch alle in trefflicher Laune befindet. – Ich bedaure Walthers Vereinsamung, doch muß er sich mit Eddy trösten, dem es auch nicht viel besser ergeht, da seine Freunde am Tage ebenso zu thun haben, wie ich. – In letzter Nacht, oder vielmehr heute Morgen von 4 – 6 hatten wir einen sündfluthartigen Platzregen und der Himmel ist noch immer dick bewölkt. Sollte es am Abend nicht a[[unclear]] regnen, so werden wir wahrscheinlich in das Thomas-Concert gehen, das an jedem Mittwoch Abend menschliche Musik spielt, – sonst unmenschliche. – Recht verdrießliche Auftritte auf der Office stören meine gute Laune sehr, so daß ich kein rechtes Behagen an meiner Sommerruhe habe. Im Hause geht Alles seinen gewohnten Gang; wenigstens diese erste Woche will ich mir nicht durch Plumberei und Tapeziererei stören lassen. Herzliche Grüße u. Küsse an Mutter, Clärchen, Walther [[unclear]] H. R.
Dein ausführlicher Brief hat mich sehr erfreut; er hat unter der Pisackerei meiner zweiten Tochter ganz und gar nicht gelitten und beweist mir, daß Ihr Euch alle in trefflicher Laune befindet. – Ich bedaure Walthers Vereinsamung, doch muß er sich mit Eddy trösten, dem es auch nicht viel besser ergeht, da seine Freunde am Tage ebenso zu thun haben, wie ich. – In letzter Nacht, oder vielmehr heute Morgen von 4 – 6 hatten wir einen sündfluthartigen Platzregen und der Himmel ist noch immer dick bewölkt. Sollte es am Abend nicht arg regnen, so werden wir wahrscheinlich in das Thomas-Concert gehen, das an jedem Mittwoch Abend menschliche Musik spielt, – sonst unmenschliche. – Recht verdrießliche Auftritte auf der Office stören meine gute Laune sehr, so daß ich kein rechtes Behagen an meiner Sommerruhe habe. Im Hause geht Alles seinen gewohnten Gang; wenigstens diese erste Woche will ich mir nicht durch Plumberei und Tapeziererei stören lassen. Herzliche Grüße u. Küsse an Mutter, Clärchen, Walther [[etc?]] H. R.

Latest revision as of 16:48, 13 April 2020

printed letterhead: Editorial Rooms of the Illinois Staats-Zeitung. Hermann Raster, Editor-in-Chief. printed: Chicago, 3. Juli printed: 1889 12.15 Mein liebes Töchterchen Dein ausführlicher Brief hat mich sehr erfreut; er hat unter der Pisackerei meiner zweiten Tochter ganz und gar nicht gelitten und beweist mir, daß Ihr Euch alle in trefflicher Laune befindet. – Ich bedaure Walthers Vereinsamung, doch muß er sich mit Eddy trösten, dem es auch nicht viel besser ergeht, da seine Freunde am Tage ebenso zu thun haben, wie ich. – In letzter Nacht, oder vielmehr heute Morgen von 4 – 6 hatten wir einen sündfluthartigen Platzregen und der Himmel ist noch immer dick bewölkt. Sollte es am Abend nicht arg regnen, so werden wir wahrscheinlich in das Thomas-Concert gehen, das an jedem Mittwoch Abend menschliche Musik spielt, – sonst unmenschliche. – Recht verdrießliche Auftritte auf der Office stören meine gute Laune sehr, so daß ich kein rechtes Behagen an meiner Sommerruhe habe. Im Hause geht Alles seinen gewohnten Gang; wenigstens diese erste Woche will ich mir nicht durch Plumberei und Tapeziererei stören lassen. Herzliche Grüße u. Küsse an Mutter, Clärchen, Walther etc? H. R.