.MTE1MA.ODE5NDE: Difference between revisions
No edit summary |
No edit summary |
||
(31 intermediate revisions by the same user not shown) | |||
Line 26: | Line 26: | ||
gemildert hätte. - Dabei keine Möglichkeit, Jemanden zu finden, der | gemildert hätte. - Dabei keine Möglichkeit, Jemanden zu finden, der | ||
diese Stimmungen versteht und würdigt. Bei Männern begegnet man höchstens | diese Stimmungen versteht und würdigt. Bei Männern begegnet man höchstens | ||
schnöden Witzen über | schnöden Witzen über Strohwittwerthum, bei Frauen vielleicht gar dem Ausdruck | ||
eines gelinden Neides darüber, daß sie nicht an Deiner Stelle sein können. | |||
Denn hier erscheint ja Niemandem die Entfernung nach Europa als etwas Bedeutendes, | |||
oder gar Gefährliches. Die Leute gehen nach und kommen von Europa wie nach Saratoga, | |||
[[top of page; written upside down:]] Am Sonntag Nachmittag, während Ännchen bei [[?]] Hotz | |||
war, ging ich mit Walther auf ein paar Stunden zu | |||
Schüttler, wo auch Ad. Busch u. Frau waren. Letztere hat | |||
sich im Seebade merkwürdig verjüngt und ihre kranke Tochter | |||
ist ganz gesund geworden, hat um 21 Pfund an Gewicht zugenommen. Frau | |||
Schüttelt sah ich nicht; sie liegt im Bette, da sie sich vor Zwei Wochen | |||
der ihr schon im vorigen Frühjahr angerathenen Operation (Zunähung eines | |||
starken Risses im uterus) unterzogen hat. Die Operation ist glücklich verlaufen und vollständige dauernde Heilung in Sicht. [[/top of page; written upside down]] |
Latest revision as of 11:29, 23 November 2022
37)
Editorial Rooms of the Illinois Staats=Zeitung.
Hermann Raster, Editor-in-Chief.
Chicago, Dienstag, 11. Oktober 1881
Meine liebste Grethe
Wieder einmal sitze ich Abends, nachdem die Kinder unter Lachen, Jauchzen und Toben zu Bett gebracht sind, einsam am Tische, ohne Lust, irgend Etwas zu lesen, oder zu schreiben, es sei denn an Dich. Draußen tobt bei milder Temperatur ein furchtbarer Regensturm und der Wind heult greulich im Schornstein. - ich sitze nämlich in unserm Schlafzimmer, da es mir im Hinterparlor zu ungemüthlich ist. Ist es nun eine Wirkung dieses Geheuls, welches seit der Schreckensnacht vor zehn Jahren jeden Chicagoer nervös macht, oder nur stetiger Fortgang meiner Gemüths=Verdüsterung: - genug, ich fühle mich entsetzlich gedrückt und beklommen. Die Trennung von Dir wird mir von Tage zu Tage unerträglicher und wenn ich dann noch vollends in Deinen Briefen lese, daß Dir der Aufenthalt in Europa gar nichts genützt habe, so möchte ich schier verzweifeln. Würde es auch, wenn nicht zum Glück der "uneigentliche" Brief Deiner Mutter meine Besorgnisse wegen Deiner Gesundheit gemildert hätte. - Dabei keine Möglichkeit, Jemanden zu finden, der diese Stimmungen versteht und würdigt. Bei Männern begegnet man höchstens schnöden Witzen über Strohwittwerthum, bei Frauen vielleicht gar dem Ausdruck eines gelinden Neides darüber, daß sie nicht an Deiner Stelle sein können. Denn hier erscheint ja Niemandem die Entfernung nach Europa als etwas Bedeutendes, oder gar Gefährliches. Die Leute gehen nach und kommen von Europa wie nach Saratoga,
top of page; written upside down: Am Sonntag Nachmittag, während Ännchen bei ? Hotz war, ging ich mit Walther auf ein paar Stunden zu Schüttler, wo auch Ad. Busch u. Frau waren. Letztere hat sich im Seebade merkwürdig verjüngt und ihre kranke Tochter ist ganz gesund geworden, hat um 21 Pfund an Gewicht zugenommen. Frau Schüttelt sah ich nicht; sie liegt im Bette, da sie sich vor Zwei Wochen der ihr schon im vorigen Frühjahr angerathenen Operation (Zunähung eines starken Risses im uterus) unterzogen hat. Die Operation ist glücklich verlaufen und vollständige dauernde Heilung in Sicht. /top of page; written upside down