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Freude macht. Auch sind diese langstiligen Herzenszergliederungen und
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Herzensergießungen wohl in veraltetem Geschmack
Herzensergießungen wohl in veraltetem Geschmack. Nimm also einfach
an, daß ich die Briefe, die Dir so viel Verdruß bereiten, nie geschrieben
hätte; betrachte Alles, was Dir darin peinlich war, als
Äußerungen einer Gemüthskrankheit, genährt durch Vereinsamung; verbrenne
das ganze Geschreibsel und sei wieder gut!
 
Aus Deinem Briefe vom 11. Spt. ersehe ich zweierlei:
erstens, daß es Dir in Deutschland,  d. h. in Dessau und Berlin im Ganzen doch
sehr gut gefällt, und zweitens daß Dein Gesundheitszustand sich nicht
verbessert hat. Der Hauptzweck der Reise wäre also verfehlt; und mein
kleiner Nebenzweck, Dir ein wenig wirkliches Heimweh nach Amerika beizubringen
 
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viele Tage hier, wie Garfield auf seinem Sterbebette gelegen hat,
nämlich 79, - Der ganze Tag ist, wie Du weißt, meinem Berufe gewidmet;
an den 79 Abenden habe ich 2 mal Bluthardts, 1 mal Hotz's,
1 mal Heinrichs, 3 mal Thoms Conzerte, 1 mal eine sehr ernste englische
Theateraufführung und 1 mal eine unfreiwillig traurige deutsche besucht. Macht zusammen
9 Abende. - Viermal habe ich, der Krisen in Garfields  Krankheit wegenam
Abend auf die Office gemußt; bleiben also 66 Abende, die ich, nachdem die Kinder zu Bett waren, in tiefster Einsamkeit vergrübelt
habe. Erklärt Dir das nicht, wenigstens zum Theil
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Eddy für 100
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erstatten. Letzteres wäre natürlich
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größere Freiheit der Entschließung ließe.
In meinem nächsten mehr darüber. [[/margin]]

Latest revision as of 20:18, 17 November 2022

Editorial Rooms of the Illinois Staats = Zeitung

Hermann Raster, Editor-in-Chief.

Chicago, 29. September 1881

30)

Liebste Grethe

Gestern (diesmal erst nach 17 Tagen) habe ich Deinen Brief aus Dessau, 11. Spt. mit den drei prächtigen Photographien aus Berlin erhalten. Das Göthe= und das Luisen=Denkmal waren mir neu; so schön habe ich sie mir nicht vorgestellt. Das geht doch bedeutend über den Probasco'schen Springbrunnen in Cincinnati.

Gestern Abend hatte ich einen ellenlangen Brief an Dich geschrieben, aber heute früh habe ich ihn (Deinem Franzensbader Beispiele folgend) still bei Seite gelegt. Ich habe mit langen Briefen kein Glück und verstehe es offenbar nicht, den richtigen Ton zu treffen, der Dir Freude macht. Auch sind diese langstiligen Herzenszergliederungen und Herzensergießungen wohl in veraltetem Geschmack. Nimm also einfach an, daß ich die Briefe, die Dir so viel Verdruß bereiten, nie geschrieben hätte; betrachte Alles, was Dir darin peinlich war, als Äußerungen einer Gemüthskrankheit, genährt durch Vereinsamung; verbrenne das ganze Geschreibsel und sei wieder gut!

Aus Deinem Briefe vom 11. Spt. ersehe ich zweierlei: erstens, daß es Dir in Deutschland, d. h. in Dessau und Berlin im Ganzen doch sehr gut gefällt, und zweitens daß Dein Gesundheitszustand sich nicht verbessert hat. Der Hauptzweck der Reise wäre also verfehlt; und mein kleiner Nebenzweck, Dir ein wenig wirkliches Heimweh nach Amerika beizubringen

top of page; written upside down: Seit meiner Rückkehr von New York am 12. Juli bin ich jetzt gerade so viele Tage hier, wie Garfield auf seinem Sterbebette gelegen hat, nämlich 79, - Der ganze Tag ist, wie Du weißt, meinem Berufe gewidmet; an den 79 Abenden habe ich 2 mal Bluthardts, 1 mal Hotz's, 1 mal Heinrichs, 3 mal Thoms Conzerte, 1 mal eine sehr ernste englische Theateraufführung und 1 mal eine unfreiwillig traurige deutsche besucht. Macht zusammen 9 Abende. - Viermal habe ich, der Krisen in Garfields Krankheit wegenam Abend auf die Office gemußt; bleiben also 66 Abende, die ich, nachdem die Kinder zu Bett waren, in tiefster Einsamkeit vergrübelt habe. Erklärt Dir das nicht, wenigstens zum Theil den Ton meiner Briefe? /top of page; written upside down

margin: Von Richard und Bras (Hamburger Linie; New York) habe ich die Offerte erhalten Dich und Eddy für 100 Dollars herüber zu befördern, d. h. 2. Cajütpreis für 1. Cajüte. Noch weiß ich nicht, ob er das Ticket hier verkaufen, oder Dich in Stand setzen will, es drüben für den genannten Preis zu erstatten. Letzteres wäre natürlich vorzuziehen, weil es Dir weit größere Freiheit der Entschließung ließe. In meinem nächsten mehr darüber. /margin