.MTE1MA.ODE5MDM: Difference between revisions
(Created page with "gerecht?") |
No edit summary |
||
(43 intermediate revisions by the same user not shown) | |||
Line 1: | Line 1: | ||
gerecht? | gerecht? Kannst Du Kindern in dem Alter zumuthen, zu | ||
grübeln, zu spinthisiren und zu sentimentalisiren? Ist's | |||
nicht genug, daß für mich durch Deine Abwesenheit alle Freude | |||
erloschen ist und daß ich Dich - ach, nur zu sehr; ich bereue | |||
es bitter - durch meine sentimental - hysterischen Herzensergüsse, | |||
Nörgeleien und Trübsalbläsereien gepeinigt | |||
habe? - Solltest Du Dich nicht ebenso, wie ich, darüber | |||
freuen, daß wenigstens die beiden hiergebliebenen | |||
Kinder so fröhlich "wie die Vögel im Hanfsamen" sind? | |||
Könnte ich Deine ganze Reise ungeschehen | |||
machen, wie gerne würde ich's thun! Aber damit | |||
wäre Dir doch auch nicht gedient; denn wenigstens | |||
das Beisammensein mit Deinen Lieben in Deutschland | |||
würdest Du doch nur ungern gemißt haben. Die Freude, | |||
welche Du daran gehabt hast, wird doch am Ende ein | |||
nicht zu tilgender Reingewinn von der Reise sein. | |||
Und den hätte ich doch durch meine Begleitung nicht | |||
steigern, sondern höchstens verringern können. Denn da | |||
ich nicht eben auf den Kopf gefallen bin, verstehe ich ja | |||
recht wohl, was es heißen soll, wenn Du sagst: Deine | |||
Mutter und Rieß seien der Meinung, daß Du schon genug | |||
an mich schriebest, so daß sie es nicht brauchen! - Da beide | |||
klug genug sind, um zu wissen, daß zur Beurtheilung des | |||
Zustandes einer Kranken die unbefangenen Beobachthungen | |||
Dritter wichtiger sind, als die Mittheilungen der | |||
Kranken selbst, [so] daß mir also sehr viel darauf ankommen | |||
mußte, außer von Dir, auch von ihnen Mittheilungen | |||
über Dich und Deinen Zustand zu erhalten, so - schließe |
Latest revision as of 09:15, 6 November 2022
gerecht? Kannst Du Kindern in dem Alter zumuthen, zu grübeln, zu spinthisiren und zu sentimentalisiren? Ist's nicht genug, daß für mich durch Deine Abwesenheit alle Freude erloschen ist und daß ich Dich - ach, nur zu sehr; ich bereue es bitter - durch meine sentimental - hysterischen Herzensergüsse, Nörgeleien und Trübsalbläsereien gepeinigt habe? - Solltest Du Dich nicht ebenso, wie ich, darüber freuen, daß wenigstens die beiden hiergebliebenen Kinder so fröhlich "wie die Vögel im Hanfsamen" sind?
Könnte ich Deine ganze Reise ungeschehen machen, wie gerne würde ich's thun! Aber damit wäre Dir doch auch nicht gedient; denn wenigstens das Beisammensein mit Deinen Lieben in Deutschland würdest Du doch nur ungern gemißt haben. Die Freude, welche Du daran gehabt hast, wird doch am Ende ein nicht zu tilgender Reingewinn von der Reise sein. Und den hätte ich doch durch meine Begleitung nicht steigern, sondern höchstens verringern können. Denn da ich nicht eben auf den Kopf gefallen bin, verstehe ich ja recht wohl, was es heißen soll, wenn Du sagst: Deine Mutter und Rieß seien der Meinung, daß Du schon genug an mich schriebest, so daß sie es nicht brauchen! - Da beide klug genug sind, um zu wissen, daß zur Beurtheilung des Zustandes einer Kranken die unbefangenen Beobachthungen Dritter wichtiger sind, als die Mittheilungen der Kranken selbst, [so] daß mir also sehr viel darauf ankommen mußte, außer von Dir, auch von ihnen Mittheilungen über Dich und Deinen Zustand zu erhalten, so - schließe