.MTE1MA.ODE4ODM: Difference between revisions

From Newberry Transcribe
Jump to navigation Jump to search
No edit summary
No edit summary
 
(43 intermediate revisions by the same user not shown)
Line 29: Line 29:
scheint. Der Geschichte traue ich gar nicht. - Wenn Du etwa an  
scheint. Der Geschichte traue ich gar nicht. - Wenn Du etwa an  
dürftigem Blute leidest, so ist das ebenso, wie wenn Du lahm, oder mit einem
dürftigem Blute leidest, so ist das ebenso, wie wenn Du lahm, oder mit einem
Buckel geboren wärest und
Buckel geboren wärest und mußt Dir's gefallen lassen. Nur Ernährung, Lebensweise,
 
[[top of page; written upside down:]] Brief Eddys war leidlich gut geschrieben, aber doch nicht so, wie ein Zehnjähriger sollte schreiben können.
Auch daß er noch mit Bleisoldaten (!!), mit Reifen und Baukasten spielt, macht mir einen peinlichen
Eindruck. Willst Du ihn denn zum Kaspar Hauser machen? Man muß sich ja fast schämen,
wenn man das liest. - klar und immer klarer erkenne ich, daß der Gedanke, ihn in Deutschland zu lassen, ein
Unsinn ist. - Am Ende, wenn ich ihm dieser Tage 100 Mark zum
Geburtstage schicke, kaufst Du ihm Steckenpferde dafür! - Gestern Abend war (ich glaube zum erstenmale
seit Deiner Abreise) Bluthardt bei mir, der jetzt auch auf 3 Wochen Strohwittwer ist; seine Frau ist in Oconomowoc. - Auf
Morgen (Sontag) habe ich zugesagt, zu Col. Koch zum Mittagessen zu gehen, nachdem ich es mehremale vorher abgelehnt
hatte. - Mit unserm butcher habe ich heute das Conto geschlossen, da er gar zu grob mogelte, und nahm nun wieder Nanberg. Die Dürre
treibt hier alle Lebensmittelpreise sehr hoch hinauf. [[/top of page; written upside down]]

Latest revision as of 10:07, 23 October 2022

22)

Editorial Rooms of the Illinois=Staats=Zeitung,

Hermann Raster, Editor-in-Chief.

Chicago, 9. Septbr 1881

Liebste Grethe

Gestern Abend (wieder 8 Stunden später, als nöthig gewesen wäre) habe ich Deinen Brief vom 15. August, den neuesten seit Deiner Abreise heute vor 8 Wochen, erhalten. Mit Vergnügen habe ich daraus ersehen, daß Du einige weibliche Bekanntschaften zu machen begannest, dann mit Betrübniß, daß Du unter so schauderhafter Kälte und Nässe zu leiden hast und daß Deine kleineren Nervenleiden sich nicht vermindern. - Wenn in den Hundstagen das Klima drüben so scheußlich ist, so hole der Teufel alle Erholungs=, Vergnügens= und Kur=Reisen nach Deutschland! Nach Deiner Beschreibung ist Dein Zustand nicht besser, als er hier nach unsrer Rückkehr von Chattanooga war. Aber dann wäre Dir vielleicht der Aufenthalt in Chicago mit seiner stetigen Temperatur von 20 bis 26° R. während 7 Wochen und so gut wie gar keinem Regen vortrefflicher gewesen, als der im "Bade", von welchem ich wer weiß was für Wunder erhofft hatte. Laß Dich nur um's Himmels willen nicht durch Dein Flimmern und Sausen dazu verleiten, quacksalberische Pferdekuren am uterus vorzunehmen, worauf Dein Plan, nach Heidelberg zu gehen, hinzudeuten scheint. Der Geschichte traue ich gar nicht. - Wenn Du etwa an dürftigem Blute leidest, so ist das ebenso, wie wenn Du lahm, oder mit einem Buckel geboren wärest und mußt Dir's gefallen lassen. Nur Ernährung, Lebensweise,

top of page; written upside down: Brief Eddys war leidlich gut geschrieben, aber doch nicht so, wie ein Zehnjähriger sollte schreiben können. Auch daß er noch mit Bleisoldaten (!!), mit Reifen und Baukasten spielt, macht mir einen peinlichen Eindruck. Willst Du ihn denn zum Kaspar Hauser machen? Man muß sich ja fast schämen, wenn man das liest. - klar und immer klarer erkenne ich, daß der Gedanke, ihn in Deutschland zu lassen, ein Unsinn ist. - Am Ende, wenn ich ihm dieser Tage 100 Mark zum Geburtstage schicke, kaufst Du ihm Steckenpferde dafür! - Gestern Abend war (ich glaube zum erstenmale seit Deiner Abreise) Bluthardt bei mir, der jetzt auch auf 3 Wochen Strohwittwer ist; seine Frau ist in Oconomowoc. - Auf Morgen (Sontag) habe ich zugesagt, zu Col. Koch zum Mittagessen zu gehen, nachdem ich es mehremale vorher abgelehnt hatte. - Mit unserm butcher habe ich heute das Conto geschlossen, da er gar zu grob mogelte, und nahm nun wieder Nanberg. Die Dürre treibt hier alle Lebensmittelpreise sehr hoch hinauf. /top of page; written upside down