.MTE1MA.ODE4NjA: Difference between revisions

From Newberry Transcribe
Jump to navigation Jump to search
No edit summary
No edit summary
 
(33 intermediate revisions by the same user not shown)
Line 7: Line 7:
Hermann Raster, Editor-in-Chief.  
Hermann Raster, Editor-in-Chief.  


Chicago, 16. August 1881
Chicago, 16. August 1881
 
Mein liebes gutes Weib
 
Gestern früh erhielt ich auf meiner Office Deinen lieben
Brief vom 28. Juli mit dem Eddys an Ännchen. Du
hast mir dadurch einen frohen Tag gemacht, etwa weil ich
ihn vor dem Beginn meiner einförmigen Tagesarbeit erhielt,
statt erst am Abend, wenn ich verdüstert nach Hause komme.
Und auch deswegen, weil ich daraus ersehe, daß Dir allmählich
die Wahrheit aufzudämmern scheint, daß Dein Heim
nicht in Deutschland, sondern hier ist.
 
Denke Dir aber, was mir geschieht. Gestern
Abend 11 Uhr setze ich mich hin, schreibe als Antwort
einen 4 Seiten [[?]] langen Brief, couvertire, adressire
ihn und lasse ihn dann, samt meinen Papieren, Schlüsseln, [[?]],
auf dem Tisch im Hinterparlor liegen. - Heute früh finde ich
Alles, ausgenommen den Brief. Eine halbe Stunde lang habe ich
jedes Blättchen Papier umgewendet, die Tischdecke abgenommen,
auf dem Teppich, den Stühlen, in meinen Taschen, kurz überall
gesucht und - der Brief ist weg. Es ist eine vollständige
Verhexung und ich möchte fast zu glauben anfangen, daß es
in unserm Hause Gespenster, oder Nachtwandler giebt. - Nun,
 
[[top of page; written upside down:]] Herzlichste Grüße u. Küsse an Eddy.
Er soll die Ohren steif halten. Wie gedenkst
Du es denn mit seinem Unterricht zu
halten? Oder soll er doch lieber wieder hierherkommen? [[/top of page; written upside down]]

Latest revision as of 11:12, 22 September 2022

19) 1881

Editorial Rooms of the Illinois Staats=Zeitung

Hermann Raster, Editor-in-Chief.

Chicago, 16. August 1881

Mein liebes gutes Weib

Gestern früh erhielt ich auf meiner Office Deinen lieben Brief vom 28. Juli mit dem Eddys an Ännchen. Du hast mir dadurch einen frohen Tag gemacht, etwa weil ich ihn vor dem Beginn meiner einförmigen Tagesarbeit erhielt, statt erst am Abend, wenn ich verdüstert nach Hause komme. Und auch deswegen, weil ich daraus ersehe, daß Dir allmählich die Wahrheit aufzudämmern scheint, daß Dein Heim nicht in Deutschland, sondern hier ist.

Denke Dir aber, was mir geschieht. Gestern Abend 11 Uhr setze ich mich hin, schreibe als Antwort einen 4 Seiten ? langen Brief, couvertire, adressire ihn und lasse ihn dann, samt meinen Papieren, Schlüsseln, ?, auf dem Tisch im Hinterparlor liegen. - Heute früh finde ich Alles, ausgenommen den Brief. Eine halbe Stunde lang habe ich jedes Blättchen Papier umgewendet, die Tischdecke abgenommen, auf dem Teppich, den Stühlen, in meinen Taschen, kurz überall gesucht und - der Brief ist weg. Es ist eine vollständige Verhexung und ich möchte fast zu glauben anfangen, daß es in unserm Hause Gespenster, oder Nachtwandler giebt. - Nun,

top of page; written upside down: Herzlichste Grüße u. Küsse an Eddy. Er soll die Ohren steif halten. Wie gedenkst Du es denn mit seinem Unterricht zu halten? Oder soll er doch lieber wieder hierherkommen? /top of page; written upside down