.MTE1MA.ODE5NzY: Difference between revisions

From Newberry Transcribe
Jump to navigation Jump to search
No edit summary
No edit summary
 
(28 intermediate revisions by the same user not shown)
Line 1: Line 1:
vorerst recht still: Ännchen schmökerte; ich sah einige Zeitungen durch, Walther  
vorerst recht still: Ännchen schmökerte; ich sah einige Zeitungen durch, Walther  
häkelte an Pulswärmern
häkelte an Pulswärmern, die er zu Weihnachten machen will, aus denen
aber natürlich nichts wird. (Ännchen hat sich allerliebste Fausthandschuhe gehäkelt)
Dann kriegte ich das Dir bekannte Gedichtbuch her und las meinem unermüdlichen
und dankbaren Publikümchen alle Gedichte vor, die sie verlangten, und
es waren nicht wenige. Dazu ein bischen Apfelsinen= und Traubenessen; nachher
noch einige Partien [[Putz?]] und Dame, und der Abend war verbracht. - " So
leben wir, so leben wir alle Tage" - "Andere thuns öfter, 's ist aber
immer dasselbe." 
 
Wie viel reicher und eindrucksvoller ist nicht inzwischen Deins und Eddys
Leben gewesen. Des freue ich mich sehr, weil Ihr beide noch in dem Alter
seid, wo solche Eindrücke Euch empfänglich finden. Und auch Du wirst
jetzt, nachdem alle mit der Reise verbundenen Unannehmlichkeiten glücklich
überstanden sind, mit Freude und Behagen auf die Genüsse derselben
zurückblicken. Wirst auch vielleicht einsehen, daß es gut war, Dich so
lange Dir und Deinen Blutsverwandten zu überlassen, während ich alter Kerl
inzwischen hier zum Rechten sah und die jungen Kinder in Obhut hatte.
 
Doch, ob Du es einsieht, oder nicht, ein zweites mal
braucht ja die Kur in dieser Form nicht stattzufinden und wenn Du
im nächsten Februar oder März einer Nachkur im "sonnigen Süden" bedürftig sein
solltest, so will ich dann ganz gern mit Dir dahin reisen. Vorerst aber
sehe ich mit schmerzlicher Ungeduld dem Augenblicke entgegen, wo mir ein
Telegramm aus New York Deine Ankunft melden wird, und dem andern,
noch glücklicheren, wo ich Dich und Eddy hier in die Arme schließen
werde. Ich denke mir, daß Du etwa am Dienstag in New York eintreffen,
am Mittwoch oder spätestens am Donnerstag Abend von
dort abfahren und also (im günstigen Falle) am Freitag früh, im
andern am Sonnabend früh hier sein wirst. Es versteht sich, daß ich den
Tag Deiner Ankunft nur Dir widmen werde, und wenn's sein muß, mehrere
 
Also nun, zum letztenmale schriftlich "Gute Nacht!" Alles
Weitere mündlich; wobei die Münder nicht bloß zum Sprechen dienen
sollen. - In Sehnsucht, Liebe und freudiger Erwartung
Dein "Papa"

Latest revision as of 09:58, 14 December 2022

vorerst recht still: Ännchen schmökerte; ich sah einige Zeitungen durch, Walther häkelte an Pulswärmern, die er zu Weihnachten machen will, aus denen aber natürlich nichts wird. (Ännchen hat sich allerliebste Fausthandschuhe gehäkelt) Dann kriegte ich das Dir bekannte Gedichtbuch her und las meinem unermüdlichen und dankbaren Publikümchen alle Gedichte vor, die sie verlangten, und es waren nicht wenige. Dazu ein bischen Apfelsinen= und Traubenessen; nachher noch einige Partien Putz? und Dame, und der Abend war verbracht. - " So leben wir, so leben wir alle Tage" - "Andere thuns öfter, 's ist aber immer dasselbe."

Wie viel reicher und eindrucksvoller ist nicht inzwischen Deins und Eddys Leben gewesen. Des freue ich mich sehr, weil Ihr beide noch in dem Alter seid, wo solche Eindrücke Euch empfänglich finden. Und auch Du wirst jetzt, nachdem alle mit der Reise verbundenen Unannehmlichkeiten glücklich überstanden sind, mit Freude und Behagen auf die Genüsse derselben zurückblicken. Wirst auch vielleicht einsehen, daß es gut war, Dich so lange Dir und Deinen Blutsverwandten zu überlassen, während ich alter Kerl inzwischen hier zum Rechten sah und die jungen Kinder in Obhut hatte.

Doch, ob Du es einsieht, oder nicht, ein zweites mal braucht ja die Kur in dieser Form nicht stattzufinden und wenn Du im nächsten Februar oder März einer Nachkur im "sonnigen Süden" bedürftig sein solltest, so will ich dann ganz gern mit Dir dahin reisen. Vorerst aber sehe ich mit schmerzlicher Ungeduld dem Augenblicke entgegen, wo mir ein Telegramm aus New York Deine Ankunft melden wird, und dem andern, noch glücklicheren, wo ich Dich und Eddy hier in die Arme schließen werde. Ich denke mir, daß Du etwa am Dienstag in New York eintreffen, am Mittwoch oder spätestens am Donnerstag Abend von dort abfahren und also (im günstigen Falle) am Freitag früh, im andern am Sonnabend früh hier sein wirst. Es versteht sich, daß ich den Tag Deiner Ankunft nur Dir widmen werde, und wenn's sein muß, mehrere

Also nun, zum letztenmale schriftlich "Gute Nacht!" Alles Weitere mündlich; wobei die Münder nicht bloß zum Sprechen dienen sollen. - In Sehnsucht, Liebe und freudiger Erwartung Dein "Papa"