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Dein H R. |
Latest revision as of 20:38, 7 December 2022
zwei Monate. Wäre es nicht wegen der täglichen Arbeit, ich wäre verrückt darüber geworden. Wie es ist, muß sich die Wirkung auf gesteigerten Trüb=und Tiefsinn beschränken, unter welchem ich aber Niemanden, als mich selbst, leiden lasse. (und auch Dich nicht leiden lassen werde) Wenigstens glaube ich das, da die Kinder, trotz eines bösen Hustens, der sie plagt, die zwei Stunden, welche wir Abends im Hinterparlor zusammen sitzen, in ausgelassenster Heiterkeit und Lustigkeit voll verbringen, ohne durch mich im mindesten gestört zu werden.
Aber wahrhaftig, die Trennung ist um mindestens einen Monat zu lange für mich gewesen. So lange wir noch herrlich sonnigen Spätsommer und Herbst hatten, milde Luft, Laub an den Bäumen (sogar zweite Blüthe von Frühjahrsblumen) war es mir immer, als ob Du mir auf einer kurzen Sommerreise begriffen wärst. Aber seitdem sind Stürme, Regengüsse, Schnee und seit gestern Frost eingetreten, die Bäume stehen kahl, Nichts mehr erinnert mich an die Zeit, da wir uns zuletzt sahen, und das drückt mich schier zu Boden. - Ich will nur hoffen, daß Deine Ankunft, daß der Blick in Dein liebes Gesicht und Deine Umarmungen die düstern Schatten, in welche jetzt mein Gemüth gehüllt ist, verdrängen werden. Und ich glaube, sie werden es. Ich will mir alle mögliche Mühe geben, heiter zu sein, und wenn ich es nicht können sollte, so sind ja die Kinder da
Doch genug für heute. Ich habe mir vorgenommen, von jetzt an bis wenige Tage vor Deiner Ankunft an Dich zu schreiben und dann alle Briefe zusammenzupacken, um sie Dir durch Brünn zustellen zu lassen. Sie mögen Dir hier den ersten Abend Deines Aufenthalts in New York, und vielleicht auch auf der Eisenbahnfahrt hierher als Ersatz für mündliche Unterhaltung dienen, Du Liebe, Gute, Süße. Dein H R.