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erhalten. Zugleich damit einen von Marie, die mir darin ankündigt, daß sie Dich  
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gerade an jenem Tage in Franzensbad überraschen wollte und - abgesehen von anderen
gerade an jenem Tage in Franzensbad überraschen wollte und - abgesehen von anderen
Dingen - auch frägt, was das für eine "Masse" sei,
Dingen - auch frägt, was das für eine "Masse" sei, aus der das ihr geschickte Kreuz
bestehe. "Masse" ist gut! Es scheint danach, daß man bei solcher Art von Schmuck an einen
wirklichen Stein in Deutschland gar nicht denkt, sondern es Alles für Kleister, Straß
oder Steinpappe hält! Zur Entschuldigung dient nur, daß der völlig schwarze Onyx, vielleicht
weil zu selten und theuer, in Deutschland überhaupt nicht verarbeitet wird. Was mir
Marie über die Heirathsgeschichte sagt, wirst Du längst von ihr mündlich haben. Weder sie
noch der Beabsichtigte kann dafür, daß das Gesetz von einem Offizier seines (sehr bescheidenen) Ranges, wenn
er sich verheirathen will, 12000 Thaler, oder die Anlage eines solchen Kapitals in Deutschland
fordert. Wohl, dann sind sie eben Opfer der Verhältnisse und müssen sich das Heirathen
verkneipen. Denn 12000 Thaler wäre noch etwas mehr, als das ganze Vermögen [[Rasts?]] und seiner
Tochter und würde, in Deutschland angelegt, höchstens 480 pr. Thlr Zins abwerfen, so daß
mein Schwager thatsächlich an die Luft gesetzt resp. auf die Gnade seines Schwiegersohns
angewiesen wäre. Das werde ich nie gestatten. Allenfalls die $9000 (in [[bonds?]] der [[?]]), die ihm
selbst gehören und die $2000, die, von den Dividenden meiner Schwester erspart, ich an
Marie abgetreten habe, würde ich auf Wunsch sofort in Geld umsetzen (es wären zusammen etwa 21,000 Mark); nicht aber die Aktien,
wenigstens nicht so lange mein Schwager lebt. Denn es wäre Wahnsinn, 12 bis 15
Prozent Zins wegzuwerfen, um 3 1/2 oder 4 dafür zu erhalten. Überhaupt betrachte ich mich
in Bezug auf die Hinterlassenschaft Sophies als Vollstrecker ihrer Wünsche und Absichten
und ich habe seit zehn Jahren den Beweis dafür, daß sie, so lange ich bei der Zeitung
sei, nie ihre Actien verkaufen wolle und werde, - nicht einmal an mich. So wird
also Marie das Heirathen auf so lange aufgeben müssen bis sie einen - - billigeren
Bräutigam findet. 
 
Ich habe diese Angelegenheit sogleich abgemacht, weil das gleichzeitige Eintreffen der
 
[[top of page; written upside down:]] An Eddy habe ich heute früh geschickt: 1) einen decorirten Brief von Ännchen, Walther, Fr. Hansen
und mir als Gratulation zum Geburtstag; 2) ein großes Couvert mit Geburtstagskarte und in dieses
eingeschlossen einen 100 Mark =  Schein
 
N. S. Montag, 5. Sept., 11 Uhr Abends. In dem Augenblicke, da ich diesen Brief schließen will, reißt es an der
Klingel, als ob Feuer wäre; ich stürze hinaus und ein Bote ist da der mir Dein schon gestern früh hier eingetroffenes
Kabeltelegramm aus Dessau 3/9 "well" bringt. - Der Bote, der es gestern hätte abliefern sollen, ist wegen Pflichtversäumniß sofort entlassen
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23)

Chicago, 5. September 1881

Mein liebstes Weib

Heute früh auf der Office - weil Du diesmal richtig adressirt hattest, habe ich Deinen lieben und liebevollen Brief vom 18. August erhalten. Zugleich damit einen von Marie, die mir darin ankündigt, daß sie Dich gerade an jenem Tage in Franzensbad überraschen wollte und - abgesehen von anderen Dingen - auch frägt, was das für eine "Masse" sei, aus der das ihr geschickte Kreuz bestehe. "Masse" ist gut! Es scheint danach, daß man bei solcher Art von Schmuck an einen wirklichen Stein in Deutschland gar nicht denkt, sondern es Alles für Kleister, Straß oder Steinpappe hält! Zur Entschuldigung dient nur, daß der völlig schwarze Onyx, vielleicht weil zu selten und theuer, in Deutschland überhaupt nicht verarbeitet wird. Was mir Marie über die Heirathsgeschichte sagt, wirst Du längst von ihr mündlich haben. Weder sie noch der Beabsichtigte kann dafür, daß das Gesetz von einem Offizier seines (sehr bescheidenen) Ranges, wenn er sich verheirathen will, 12000 Thaler, oder die Anlage eines solchen Kapitals in Deutschland fordert. Wohl, dann sind sie eben Opfer der Verhältnisse und müssen sich das Heirathen verkneipen. Denn 12000 Thaler wäre noch etwas mehr, als das ganze Vermögen Rasts? und seiner Tochter und würde, in Deutschland angelegt, höchstens 480 pr. Thlr Zins abwerfen, so daß mein Schwager thatsächlich an die Luft gesetzt resp. auf die Gnade seines Schwiegersohns angewiesen wäre. Das werde ich nie gestatten. Allenfalls die $9000 (in bonds? der ?), die ihm selbst gehören und die $2000, die, von den Dividenden meiner Schwester erspart, ich an Marie abgetreten habe, würde ich auf Wunsch sofort in Geld umsetzen (es wären zusammen etwa 21,000 Mark); nicht aber die Aktien, wenigstens nicht so lange mein Schwager lebt. Denn es wäre Wahnsinn, 12 bis 15 Prozent Zins wegzuwerfen, um 3 1/2 oder 4 dafür zu erhalten. Überhaupt betrachte ich mich in Bezug auf die Hinterlassenschaft Sophies als Vollstrecker ihrer Wünsche und Absichten und ich habe seit zehn Jahren den Beweis dafür, daß sie, so lange ich bei der Zeitung sei, nie ihre Actien verkaufen wolle und werde, - nicht einmal an mich. So wird also Marie das Heirathen auf so lange aufgeben müssen bis sie einen - - billigeren Bräutigam findet.

Ich habe diese Angelegenheit sogleich abgemacht, weil das gleichzeitige Eintreffen der

top of page; written upside down: An Eddy habe ich heute früh geschickt: 1) einen decorirten Brief von Ännchen, Walther, Fr. Hansen und mir als Gratulation zum Geburtstag; 2) ein großes Couvert mit Geburtstagskarte und in dieses eingeschlossen einen 100 Mark = Schein

N. S. Montag, 5. Sept., 11 Uhr Abends. In dem Augenblicke, da ich diesen Brief schließen will, reißt es an der Klingel, als ob Feuer wäre; ich stürze hinaus und ein Bote ist da der mir Dein schon gestern früh hier eingetroffenes Kabeltelegramm aus Dessau 3/9 "well" bringt. - Der Bote, der es gestern hätte abliefern sollen, ist wegen Pflichtversäumniß sofort entlassen worden. /top of page; written upside down