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Zermalmung der Individualität abzielt. Er würde dort gänzlich entamerikanert werden
Zermalmung der Individualität abzielt. Er würde dort gänzlich entamerikanert werden
und das wäre eine Sünde, die man an ihm beginge. Denn daß seins Zukunft eine  
und das wäre eine Sünde, die man an ihm beginge. Denn daß seine Zukunft eine  
amerikanische sein soll und muß, wirst auch Du wohl zugeben. - Der Geldpunkt fällt
amerikanische sein soll und muß, wirst auch Du wohl zugeben. - Der Geldpunkt fällt
nicht ins Gewicht; mehr als 600 Dollars würde es nicht kosten. Aber für ebenso viel können wir ihm
nicht ins Gewicht; mehr als 600 Dollars würde es nicht kosten. Aber für ebenso viel können wir ihm
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drei Fahrtstunden von ihm. Meinst Du nicht auch, daß das besser wäre?
drei Fahrtstunden von ihm. Meinst Du nicht auch, daß das besser wäre?


Zum Schluß noch eine traurige Nachricht. Während [[?]] [[Seipp?]] und seins Frau sich in Europa  
Zum Schluß noch eine traurige Nachricht. Während [[?]] Seipp und seins Frau sich in Europa  
amüsiren,
amüsiren, ist gestern hier ihr einziger 6 Jahre und 1 Woche älter Sohn Curt an Diphterie gestorben.
Es war der einzige Stammhalter der Seipp's und für einen neuen ist so wenig Hoffnung wie bei uns, weil eine
Frau, nachdem sie sich einmal gewaltsam von bevorstehender Mutterschaft befreit hat, nachher nicht wieder Mutter werden
kann, auch wenn sie möchte. Und nun mit 1000 Küssen gute Nacht
H R.

Latest revision as of 09:26, 20 October 2022

und letzthin in Chattanooga: - da hätten wir doch gleich überall Bekannte und behaglichen Umgang in Hülle u. Fülle. Ich habe immer das Hauptverdienst dafür Deiner Liebenswürdigkeit zuerkannt; sollte die auf europäischem Boden ihre Kraft verlieren? Oder sind die Umgangsformen so steif, das sie keine Annäherung gestatten? Oder bist Du blöde geworden? Du warst's doch nicht vor acht Jahren, als Du Dich von Salzburg bis St. Pölten mit der Nichte, oder Schwiegernichte der alten seifensiedrigen Gräfin Ingenheim festplaudertest! - Freilich warst Du damals gesund und - sprachst über andere Dinge als Deinen "Zustand". Ein weiser Mann aber hat gesagt: "Willst Du wohlgelitten sein, so darfst Du nicht von Deinen Leiden sprechen."

Item, alle diese Bemerkungen sind vielleicht überflüssig, denn seit jenem 13. August, von welchem Dein Brief datirt ist, bis heute, hast Du vielleicht, und hoffentlich, schon ganz angenehme Bekanntschaften gemacht. - Zu Deiner Bemerkung, daß Du als 33=erin schon ins alte Register gehörst - I should smile! Dem Franzosen, der doch ein Kenner ist, gelten erst in dem Alter die Frauen für recht begehrenswerth. Wenn es in dieser Beziehung in Deutschland anders ist, mußt Du schon mit dem Trost vorlieb nehmen, daß Du für mich immer noch 21 Jahre alt bist und daß ich das Wiedersehen mit Dir als eine neue Hochzeit feiern werde. - with all that the term implies. - Der Gedanke, daß wir bis zum nächsten Jahre voneinander getrennt sein sollen, ist mir entsetzlich und wie ich es aushalten soll, weiß ich nicht. Allein wenn Du sagst, daß es für Deine Gesundheit nothwendig ist und daß Du es aushalten kannst (was bei der leichten Beweglichkeit und Eindrucksfähigkeit Deines Gemüthes auch jedenfalls wahr ist), so schweige und bescheide ich mich.

Heute ist Deuster hier durch nach Deutschland gereist. Er hatte mich durch seinen, auch Dir bekannten Geschäftsführer ersuchen lassen, ihn auf dem Bahnhof zu treffen, wo er um 2 Uhr ankommen würde, um mit dem 3.30 Zuge (wie wir) weiterzufahren. Ich ging auch hin, sah aber dort schon die Klapperschlange (Bernlauer) mit Sohn und Tochter wartend, und da ich weder Deuster noch mich selbst in Verlegenheit setzen wollte, drückte ich mich, ehe der Zug hereinkam. Doch habe ich schon gleich nach Milwaukee um seine Adresse in Deutschland geschrieben und werde ihm sofort dorthin schreiben, weil ich die Hoffnung nicht aufgeben kann und will, daß Dein Gesundheitszustand Dir gestatten wird, unter seinem liebenswürdigen Schutze zurückzukommen.

Und zwar mit Eddy. Denn als Antwort auf Deine Frage von 12. August und im Anschluß an was ich Dir in meinen letzten Briefen geschrieben habe, kann ich Dir nur wiederholen, daß ich den Gedanken, ihn in Deutschland zur Erziehung zu lassen, für verfehlt halte. Ich selbst habe ja eine Zeitlang diesen Gedanken gehabt, - nicht der erste und nicht der einzige dumme, die ich später bereut habe. Wahr ist, was Du sagst, daß er bei Deiner Mutter gründlich verzogen werden würde, wahr ist aber auch, daß diejenige Disziplin, welcher er in einem deutschen Pensionat unterworfen werden würde, für ihn nicht die geeignete sein würde, weil sie auf völlige Zermalmung der Individualität abzielt. Er würde dort gänzlich entamerikanert werden und das wäre eine Sünde, die man an ihm beginge. Denn daß seine Zukunft eine amerikanische sein soll und muß, wirst auch Du wohl zugeben. - Der Geldpunkt fällt nicht ins Gewicht; mehr als 600 Dollars würde es nicht kosten. Aber für ebenso viel können wir ihm in Milwaukee eine gute deutsch = amerikanische Bildung geben lassen, und sind dann doch nur drei Fahrtstunden von ihm. Meinst Du nicht auch, daß das besser wäre?

Zum Schluß noch eine traurige Nachricht. Während ? Seipp und seins Frau sich in Europa amüsiren, ist gestern hier ihr einziger 6 Jahre und 1 Woche älter Sohn Curt an Diphterie gestorben. Es war der einzige Stammhalter der Seipp's und für einen neuen ist so wenig Hoffnung wie bei uns, weil eine Frau, nachdem sie sich einmal gewaltsam von bevorstehender Mutterschaft befreit hat, nachher nicht wieder Mutter werden kann, auch wenn sie möchte. Und nun mit 1000 Küssen gute Nacht H R.